Anerkennung aus diversen Perspektiven
Zusammenfassung des Vortrags auf der Fachtagung „Anerkennungskulturen heute – Vielfalt in der engagierten Stadtgesellschaft“ | Berlin, Rotes Rathaus, 10.06.2015
Von Dr. Azra Dzajic-Weber
1. Zum Begriff der Anerkennung
3. Anerkennung aus diverser/n Perspektive/n
4. Anerkennung von Diversität „lernen“ – Diversity-Sensibilisierungstrainings
Die Diversity-Arbeit versucht einen Beitrag zur Entwicklung bzw. Weiterentwicklung von Anerkennungskultur(en) zu leisten. Ein wichtiges Format sind hier Diversity-Sensibilisierungstrainings. Ziel der Sensibilisierungsarbeit ist die Stärkung und Weiterentwicklung der eigenen Diversity-Kompetenz durch die Erweiterung des Verständnisses für Vielfalt und Chancengleichheit. Es geht im Endeffekt darum, dass der/die Einzelne sich selbst als handelndes Subjekt in der Gesellschaft versteht und individuelle Verantwortung für ihre Ausgestaltung übernimmt.
Diversity-Arbeit, wie sie in den Trainings/Workshops betrieben wird, versucht, den Menschen dahin zu führen, sozialer und kultureller Vielfalt offen und wertschätzend zu begegnen. Das beinhaltet, die eigene Sozialisation zu reflektieren, die eigenen Werte zu überprüfen und Vorurteile zu erkennen. Die Auswirkung von gesellschaftlich zugeschriebenen Kategorien und Bildern, von individueller und struktureller Diskriminierung sollen erkannt werden. Empathie und Einfühlungsvermögen soll entwickelt werden. Darauf aufbauend werden Methoden und Strategien ausgearbeitet, um gegen Diskriminierung vorzugehen und Chancengleichheit zu fördern. Schließlich werden Handlungsoptionen entwickelt.
In Diversity-Trainings werden verschiedene Inhalte rund um das Thema Vielfalt sowie Vorurteile und Diskriminierung mithilfe verschiedenster Methoden thematisiert, reflektiert und erlebbar gemacht. Mithilfe dieses Methodenmixes gelingt es, unter die Oberfläche bewusster Meinungen und Haltungen der Teilnehmenden zu gelangen, und verborgene, unbewusste Denkmuster, Einstellungen und Haltungen sowie die Differenz zwischen Anspruch-Selbstwahrnehmung und Wirklichkeit frei zu legen. Dieser sensible und teils schmerzhafte Prozess ruft naturgemäß Widerstand hervor.
Dabei begegnen wir gewissen Widerstandsmustern in Regelmäßigkeit: Ein Muster besteht in der Weigerung, der Reduktion der vielschichtigen Identität(en) von Menschen, die nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören, auf ein einziges Merkmal, eine Diversity-Dimension – etwa bei Migrant_innen die Reduktion auf ethnische Zugehörigkeit – als Problem wahrzunehmen.
Ein anderes besteht darin, ein Diversity-Merkmal wie die Eigenschaft „Migrationshintergrund“ primär als Problem anzusehen, dessen Lösung bei den Migrant_innen liegt, in ihrer zu leistenden Integration – und nicht als Problem vor allem der Mehrheitsgesellschaft und deren Einstellungen und Haltungen wahrzunehmen bzw. Migrationshintergrund primär als zusätzliche Ressource, und nicht als Problem zu sehen. Ein weiteres Muster ist das Insistieren der Teilnehmenden von Trainings am eigenen, aufgeklärten und weltoffenen Selbstbild, was die Grundlage dafür bildet, die Notwendigkeit von Diversity-Trainings und Sensibilisierungsarbeit allgemein zu hinterfragen.
Diversity-Sensibilisierungstrainings bleiben aber nicht bei der Offenlegung von unbewussten, verborgenen Haltungen, Denkmustern, von Stereotypen und Vorurteilen und der Hervorrufung von Widerstand stehen, sondern vielfach gelingt, zumindest bei einem Teil der Teilnehmenden, der Schritt zu kritischer Selbstreflexion und Sensibilisierung. Mithilfe von verschiedenen Methoden wie z.B. dem Perspektivwechsel und durch die Schaffung eines geschützten Raumes für Auseinandersetzungen ohne Sprechverbote, Wertungen und Verurteilung gelingt es, Sensibilisierungseffekte zu erzielen und bestehende starre Denkmuster und unhinterfragte Haltungen zu durchbrechen. So wird es etwa in Trainings zu ethnischer Zugehörigkeit und Hautfarbe möglich „den Migranten“, „die Migrantin“ in seiner/ ihrer vielschichtigen Individualität wahrzunehmen und letztendlich eine gänzlich andere, ressourcenorientierte Sicht auf diese Dimension einzunehmen. Damit werden wichtige Beiträge zur gesellschaftlichen Durchsetzung von Anerkennungskulturen nicht nur zu dieser, sondern auch zu allen anderen Diversity-Dimensionen geleistet.
Fachtagung 2015 | Diversity. Einblicke Sensibilisierungsarbeit | aktualisiert: 23.07.2015