Anerkennungskultur revisited
Nach dem von der UNO ausgerufenen Internationalen Jahr der Freiwilligen 2001 war Anerkennung für geleistete freiwillige Tätigkeiten landauf landab das Megathema in der damals noch recht überschaubaren Engagementszene. Die ersten Bundesländer kreierten Ehrenamtsnachweise und Urkunden, Städte begingen erstmals Ehrenamtsempfänge, soziale Träger Dankeschönfeste. Im Rückblick lässt sich nur darüber spekulieren, warum das so war.
Zweifellos wollten politische Gremien, Wohlfahrtsverbände und andere zivilgesellschaftliche Akteure dazu beitragen, das Bürgerschaftliche Engagement in einem vorteilhaften Licht erscheinen zu lassen. Es ging ja nicht nur um ausgezeichnete Personen und Projekte, sondern auch um die Verbesserung der allgemeinen Wertschätzung des Bürgerschaftlichen Engagements in der Gesellschaft, die durch öffentlichkeitswirksame Preise sichtbar gemacht werden sollte. Eine plausible Vermutung ist freilich auch, dass Anerkennung durch Auszeichnungen und Orden ein schnell wirksames Mittel ist, denn jemanden auszuzeichnen und darüber einen Artikel in der Zeitung zu lancieren, kann die strukturellen Voraussetzungen des bürgerschaftlichen Engagements erst mal so belassen, wie sie sind. Es steckt ein Licht auf, der Kuchen bleibt derselbe.
Nach einiger Zeit wurde freilich klar, dass Anerkennung mehr umfasste und tiefer reichte: Mit dem sich ausbreitenden Freiwilligenmanagement und einer zunehmend differenzierten Sicht auf das Verhältnis von Bürgerschaftlichem Engagement und Zivilgesellschaft gehörten nun plötzlich viele Dinge zu einer angemessenen Anerkennungskultur. Vor allem der Begriffszusatz „-kultur“ signalisierte, dass es nicht um einzelne Würdigungen, sondern ein aufeinander bezogenes System von Werten und Praktiken gehen muss, zu dem Beteiligung und Mitsprache der Ehrenamtlichen, Fortbildung, eine gute Alltagsbegleitung und stetes Feedback gehören. Nun schien alles – das Umfeld, die Organisation, die Aufgabe etc. – Teil der Anerkennungskultur zu sein.
Wo stehen wir heute? Es herrscht mittlerweile eine erstaunliche Vielfalt, ja fast schon Unübersichtlichkeit von öffentlichen Anerkennungsformen …
Grundlage für Röbkes Vortrag war ein zuerst im September 2014 in Hannover vor zuständigen VertreterInnen von Bundes- und Länderministerien gehaltenes Referat, das im Dezember 2014 im BBE-Newsletter für Engagement und Partizipation in Deutschland erschienen ist: Anerkennungskultur – Ein Blick zurück nach vorn, und dessen Textfassung hier gefolgt wird.
➟ Weitere Informationen
& pdf-Fassung des Beitrags
In diesem Zusammenhang weiter lesenswert sein Vortrag Anerkennungskultur – ein neues Ehrenamt braucht gute Rahmenbedingungen. Tagung „Anerkennungskultur“ des Landesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement, 2005
Einige Beobachtungen zur Anerkennungskultur
Ein Blick auf die Grundlagen der modernen Gesellschaft
Ebenen der Anerkennungskultur: Würde
Fachtagung 2015 | Anerkennungskultur revisited